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100 Jahre Luftverkehrsgesetz

„Die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge ist frei”

Seit nun 100 Jahren prägt dieser Satz den Artikel 1 im Luftverkehrsgesetz. Verändert hat sich in dieser Zeit so einiges. Steckte die Luftfahrt 1922 noch in den Kinderschuhen, so ist sie 100 Jahre später das Kerosin der Globalisierung und transportiert jährlich* über 1 Milliarde Passagiere allein in der EU.

Doch springen wir zurück zu den Ursprüngen des Luftverkehrsgesetzes. Den Wright Brothers gelingt 20 Jahre vor Inkrafttreten des Gesetzes erstmals ein Flug mit einem Luftfahrzeug, das sich über alle drei Achsen steuern lässt.

1909 überquert dann Louis Blériot als erster Pilot den Ärmelkanal mit seinem Luftfahrzeug Blériot XI. Die Überquerung wird zelebriert. Schaulustige strömen in Massen zu dieser und vergleichbarer Veranstaltungen. Die Begeisterung für die Luftfahrt ist entfacht. Seine Eigenkonstruktion, die Blériot für die Überquerung nutzt, verkauft sich im Anschluss rund 800 Mal. Damit zählt er zu den ersten kommerziellen Luftfahrzeugherstellern der Welt.

Bereits auf diesen ersten Veranstaltungen ist offensichtlich, dass es einiger Vorgaben für einen sicheren Flugbetrieb bedarf. Denn nicht selten muss die Polizei den Pionieren der Lüfte notwendigen Freiraum zum Starten oder Landen schaffen. Und so dauert es nicht lange, bis die Verantwortlichen feste Zuschauerbereiche, vordefinierte Anflugkorridore und Vorgaben zu Sicherheitsabständen etablieren. Dazu kommen praktische Elemente wie feste Parkplätze, Restaurants und Verkaufsstände. Mit den Flugshows von damals wird bereits frühzeitig die Idee des Flughafens von heute geboren.

Die ambitionierten Piloten brauchen für die Flugshows im Jahr 1910 bereits eine Pilotenlizenz. Der Erwerb einer solchen Lizenz ist sicherlich nicht mit dem heutigen Aufwand für Lizenzanwärter zu vergleichen, doch will man frühzeitig sicherstellen, dass die nichttriviale Steuerung eines Luftfahrzeugs nur geeigneten Personen zugestanden wird. Der erste Weltkrieg beschleunigt die Entwicklung der Luftfahrzeuge und so überqueren ausgereifte und leistungsfähige Flugzeuge schon ab 1919 den Atlantik. 

Der Luftverkehr wird zunehmend international und lässt eine staatenübergreifende Regelung in der Luftfahrt frühzeitig notwendig werden. Noch im Jahr der Atlantiküberquerung wird mit dem Pariser Luftfahrtabkommen der Grundstein internationaler Vorgaben gelegt, an dem sich 25 Jahre später auch die ICAO orientieren wird.

Die ersten Fluglinien beflügeln die Goldenen Zwanziger Jahre, in denen der Flugverkehr rapide zunimmt und fortan an vielen Flugplätzen gesteuert und mit Wetterinformationen versorgt wird.

Auch nationale Regelungen werden Stück für Stück in die Gesetzgebung implementiert. In Deutschland wird das Luftverkehrsgesetz ab dem 01.08.1922, also vor exakt 100 Jahren mit Erscheinen dieses Artikels, zur zentralen Rechtsquelle der Luftfahrt und tritt rund ein Jahr später in Kraft. Es enthält Vorgaben für Luftfahrzeuge, Luftfahrer, Flughäfen, Luftfahrtunternehmen, Luftfahrtveranstaltungen, dem Verhalten im Verkehr und der Haftung.

Letzteres wird im Warschauer Abkommen vom Oktober 1929 auf der internationalen Bühne einheitlich geregelt. In kaum einer anderen Branche sind Bemühungen um Harmonisierung derart prägend wie in der Luftfahrt und so bringen zahlreiche nationale und internationale Organisationen die zivile Luftfahrt mit ihren Bemühungen voran.

Zwei der wichtigsten Organisationen für Europa sind die ICAO und die EASA. Im Jahr 1944 wird die ICAO als Teilorganisationen der UN gegründet und liefert mit den SARPs (Standards And Recommended Practices) Vorgaben und Empfehlungen, die für die Standardisierung der internationalen Luftfahrt bis heute von weitreichender Bedeutung sind. Bevor die Gründung der EASA im Jahr 2002 diesen Prozess auf europäischer Ebene beschleunigt, beflügelt insbesondere die Weiterentwicklung des Strahltriebwerks den Luftverkehr und ermöglicht Reisen um die ganze Welt mit mittlerweile über 500 Passagieren in einem Airbus A380. Effizientere Luftfahrzeuge und deregulierte Rahmenbedingungen eröffnen in der Folgezeit vollkommen neue Möglichkeiten. Die Faszination des Fliegens wird Normalität.

„Die Benutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge ist frei“, so steht es noch heute, 100 Jahre nach der Urfassung im ersten Satz des Artikels 1 des Luftverkehrsgesetzes. Eingeschränkt wird dieser Passus mittlerweile nicht nur durch nationales, sondern, liest man den Artikel 1 heute weiter, eben auch durch „im Inland anwendbares internationales Recht, durch Rechtsakte der Europäischen Union und die zu deren Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften“.

Für Flughäfen, Luftfahrtunternehmen oder Behörden können insbesondere neue, verpflichtend umzusetzende Anforderungen der EASA zu merklichen Anstrengungen führen. Heute fordert die EASA beispielsweise umfassende Managementsysteme, Trainingskonzepte für Mitarbeitende, präzise ausgearbeitete Prozesse zum Abfertigungsprozess von Luftfahrzeugen oder eine vorgabenkonforme Infrastruktur. Damit wird die Sicherheit erhöht, aber auch der Aufwand.

Die Entwicklung der Luftfahrt schreitet unabhängig dieser Vorgaben voran. Neuartige Fortbewegungsmöglichkeiten mit batteriebetriebenen Drohnen oder die Beförderung von Passagieren ohne Piloten sind hier nur der Beginn der nächsten, hoffentlich ähnlich faszinierenden 100 Jahre Luftverkehr. Die Frage, ob der Beginn des Artikels 1 des Luftverkehrsgesetzes auch den Flug in das nächste Jahrhundert unbeschadet übersteht, mag jeder selbst für sich beantworten. 

Ihre Fragen zu den aktuellen Anforderungen der EASA beantworten wir von AviaCert gerne für Sie. Mit mehr als zwei Jahrzehnten Luftfahrterfahrung in interdisziplinären Teams liegen die Kernkompetenzen der AviaCert GmbH in den Bereichen Luftverkehrsrecht, Compliance und Zertifizierung, flugbetriebliche Sicherheit sowie Training und Qualifikation. AviaCert prüft im Auftrag von Behörden, Unternehmen und Institutionen die Einhaltung entsprechender luftrechtlicher Vorgaben und steuert komplexe Genehmigungs- und Zertifizierungsverfahren.

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